Schiessen

Schiessen
1. Bling g'schosse-n isch au g'fehlt. (Solothurn.) – Schild, 57, 11; Sutermeister, 141.
2. Der hat leicht schiessen, dem der Hase vor den Schuss läuft.
3. Der muss gut schiessen, der den Mond treffen will.
Dän.: Han skal skyde langt, som vil skyde til maanen. (Prov. dan., 509.)
4. Die das schiessen förchten, gehoren nicht in Krieg.Henisch, 1294, 44.
5. Erst geschossen, dann genossen.Sprichwörtergarten, 475.
6. Es scheust niemand so weit vom Ziel als die Menschen.Petri, II, 296.
7. Es wird viel mehr geschossen als getroffen.
8. Lange schiessen trifft einmal ins Schwarze.
9. Man schiesst auch wol mit schlaffer Sehne. Simrock, 9461; Körte, 5520.
Bei Tunnicius (755): Men schüt ôk wol mit slapper sennen. (Laxato iacitur nervo quando-
que sagitte.)
10. Mancher schiesst ins Blaue und trifft ins Schwarze.Simrock, 10462.
11. Nahe schiessen hilffet nicht, es gilt treffen. Agricola I, 371; Franck, I, 78; Egenolff, 192b; Petri, II, 485; Blum, 572; Eiselein, 602; Körte, 5308; Braun, I, 3852: Sutor, 275.
12. Offt schiessen trifft etwa (einmal) das zil. Franck, II, 68a; Gruter, I, 62; Lehmann, 22, 11; Petri, II, 502; Sailer, 176; Simrock, 8994; Braun, I, 3141; Masson, 337.
Lat.: Fabricando fabri fimus. (Sutor, 398.)
13. Schête1 se nich, wie se blose, hadde se nich ok e Trompetke dabi? (Samland.)
1) Wortspiel.
14. Schiesse darf, wer darf.
15. Schiesse keinen Pfeil nach einem eisernen Götzen, er möchte auf dich zurückkommen.
16. Schiessen und nichts treffen, lieben und nichts erwerben, da möchte man verzweifeln und sterben.
Dän.: At skyde og intet naae, elske og intet faae, er fort redeligt. (Prov. dan., 509.)
17. Schiessest aber wie ne Muni1 in ne Chriedhufe. (Bern.) – Schweiz, II, 248, 9.
1) Ueble Laune, eigensinniges Wesen, sofern, es sich durch mürrisches Schweigen oder Betragen äussert. Von einem Kinde, das in seinem Unwillen lang anhält, wenig oder gar nichts redet (schmollt), sagt man, es hat den Muni oder ist ein Muni. Auch Eigenname verschiedener männlicher Thiere, z.B. eines Katers, männlichen Kaninchens u.s.w. (Vgl. Stalder, II, 220.)
18. Schiesst Ihr, Ihr habt zuerst Hochzeit (Chasne) macht Jude, da seid moochel (seid so gut), schiesst Ihr!Tendlau, 1048.
Als Spottruf über Mangel an Muth; nach einem Vorgange. In einer Abtheilung Bürgerwehr standen zwei Juden nebeneinander. Als »Feuer!« commandirt wurde, sagte der eine zum andern: »Schiesst ihr, ihr habt zuerst Hochzeit gemacht.« Die frühere Verheirathung verleiht nämlich in manchen Dingen ein Vorrecht. – In ähnlichem Sinne sagt ein schwäbisches Sprichwort: Veitle, geh nur du voran, ich will hier hinten für dich stahn.
19. Was nützt das Schiessen, wenn man nicht trifft.
Die Russen: Du musst den Pfeil nicht abschiessen, wenn du weisst, dass er das Ziel verfehlt. (Altmann VI, 442.)
Schwed.: Få fängt skjuta, och intet raka. (Grubb, 226.)
20. Wei scheiten sall, mot laen (laden). (Westf.)
21. Wen Schiessens nicht verdriesset, wie übel er auch schiesset, der trifft etwane doch das Ziel.Liedersaal; Eiselein, 548.
Dän.: Skyder man ofte, saa rammes maalet. (Prov. dan., 500.)
22. Wer mich scheusst, den scheuss' ich wieder. Eiselein, 548; Simrock, 8995.
23. Wer nicht mit uns schiesst, ist ein Gast und kein Bürger.Graf, 511, 196.
Wo jemand seinen Wohnsitz hatte, da war er steuerpflichtig; wer sich aber nur vorübergehend an einem Ort aufhielt, ohne an den Rechten der Bürger theilzunehmen, der wurde als Freund, als Gast betrachtet und war steuerfrei.
Niederd.: We mit vns nicht ne scotet de is en gast unde nen börghere. (Göschen, V, 101.)
24. Wer offt Schiest, der triefft (endlich) einmal.Lehmann, 801, 29; Simrock, 8993; Braun, I, 3853; Grubb, 398.
25. Wer scheuten sall, mot laden; wer arbeggen (arbeiten) sall, mott êten. (Lippe.) – Firmenich, I, 260; hochdeutsch bei Simrock, 439.
26. Wer schiessen wil vnd fehlt des rein, mag tragen die ⇨ Saw(s.d.) im Ermel heim. Brandt, Nsch., 75, in Kloster, I, 630.
27. Wer schiessen will mit baarem Geld, der kann bezwingen alle Welt.Seybold, 36.
28. Wer zu kurz (zu weit) schiesst, verliert das Spiel.
Engl.: Short shooting loses the game. (Bohn II, 131.)
29. Wi wölt nig schêten un nig genêten. (Holst.) – Schütze, II, 27.
Um zu sagen, dass man eine Erbschaft nicht antreten wolle, weil Schulden da sind; man wolle also nicht geniessen, um nicht schiessen zu müssen.
30. Wozu schiessen, wenn kein Feind zu sehen ist.
In den Pandekten des Justinian befindet sich ein Rechtssatz dahin gehend, dass eine Verbindlichkeit in dem Augenblick aufhöre, wenn der Grund zu demselben weggefallen ist, der zwar nicht dem Sinn des obigen Sprichworts vollständig entspricht, aber doch einige Aehn-
lichkeit damit hat: Cessante causa, cessat effectus. (Faselius, 44.)
*31. Daneben schiessen.
Den Zweck nicht erreichen; das Ziel verfehlen.
*32. Das war auf mich geschossen.
Ich war damit gemeint. »Die Jungfraw merckte, dass vff sie geschossen wehr.« (Zinkgref, IV, 212.)
*33. Das war gut geschossen für einen Einäugigen.
Frz.: Voilà bien visé pour un borgne. (Kritzinger, 79a.)
*34. Der ist geschossen und nicht getroffen.
*35. Du hast mich geschossen, ich schiesse dich wieder. (S. ⇨ Pilwiss.) – Eiselein, 548; Grimm, Myth.
*36. Er ist geschossen. (S. ⇨ Schuss.)
Hat einen Sparren. »Es scheint, dass der gute Kerl etwas geschossen sei.« (Köhler, 40, 20.) – »Ich halte es für Einfälle eines geschossenen Poeten.« (Köhler, 225.) »Hört Wunder, Possen; unser Pfarr ist doch geschossen und gar ein Narr.« (Opel, 111.) »Seind die Auvergnaten alle Esel? Sie seind meistentheils geschos-
sen.« (Schaub, Engl. und franz. Komödien, II, 121.) Auch wol vom Pfeil der Liebe getroffen. (Hätzlerin, II, 58, 370.)
*37. Er kann sehr gut schiessen, aber er trifft schlecht.
*38. Er scheusst mit der silbern büchsen.Egenolff, 170a.
Wer Geschenke gibt, um eine böse Sache gut zu machen oder irgendeinen Vortheil zu erlangen.
Lat.: Argenteis hastis pugnare. (Eiselein, 101.)
*39. Er schiesst dran hin wie der Bock ans Hag. (Nürtingen.)
*40. Er schiesst einen Thaler zwischen den Fingern weg.Ideler, Ueber die Sage vom Tellschuss (Berlin 1836); Eiselein, 670.
»Aus bildlichen Redensarten sind oft Erzählungen entstanden, welchen man nachher historischen Glauben beimass, in denen die Phantasie dasjenige, was blos möglich ist, als wirklich und geschehen darstellte. So hat schon Willimann (Epist. ad Goldastum, 143) im Jahre 1607 sogar die Sage von Tell's Schuss aus der Redensart hergeleitet, womit man die Vorzüglichkeit eines Schützen bezeichnet: Er schiesst seinem Kinde (ohne dasselbe zu verletzen) einen Apfel vom Kopfe; oder: Er schiesst einen Thaler zwischen den Fingern weg.« (Vgl. Ideler.)
*41. Er schiesst gut.
In der Studentensprache bezeichnet Schiessen einen im Landrecht nicht begründeten Expropriationsmodus, eine Annexionsform, welche das weniger gebildete Publikum etwas prosaisch Stehlen nennt. Der Ursprung dieser Bedeutung wird in der Zeit der fahrenden ⇨ Schüler(s.d.), also im 14. und 15. Jahrhundert gesucht. Jene von Schule zu Schule ziehenden Jünglinge bildeten organisirte Gesellschaften, deren jüngere Mitglieder, Schützen genannt, verpflichtet waren, Munition für den Magen der wandernden Truppen, als Enten, Gänse, Hühner, die sich etwas von ihrem Hause entfernt hatten, durch einen wohlgezielten Wurf zu schiessen, d.i. umsonst einzukaufen. Zuweilen nennt man diese Form auch Requiriren.
*42. Er schiesst ohne Ziel.
»Er redet ohne Gedanken und also schiesst er ohne Ziel.« (Keller, 143b.)
*43. Er schiesst seinem Kinde einen Apfel vom Kopfe.Eiselein, 670.
*44. Er schiesst wie Mathes Asche, der sich seine Büchsen selber macht.
Im Jahre 1612 war ein grosses Freischiessen zu Neisse, an dem auch eine Anzahl schweidnitzer Schützen theilnahmen, die sich, wie aus einem Siegesgesange, womit dasselbe gepriesen wurde, hervorgeht, besonders auszeichneten. Von Mathes Asche heisst es darin: »Herr Mathes Asche macht's nit lang, mit allen dreien (Schüssen) hindurch drang. Die Büchsen er ihm selber macht, gibt auch auf seinen Schuss gut Acht.«
*45. Et schêt van in'n ênen, as wann 'r 'n Schnei schiöte van 'n Dacke stärtet.Lyra, 26.
Es schiesst in einen, d.i. er erschrickt, er fährt zusammen, als wenn ein Haufen Schnee (Lavine) herabstürzt.
*46. Gut geschussen, Herr Gevotter.Gomolcke, 412; Frommann, III, 413.
Ernst und Ironie.
*47. Lat em schête, 't es en Geeslitz(?).Frischbier2, 3289.
Redensarten der Fischer auf der danziger Neh-
rung.
*48. Schiesse noch nicht!
Ueberlege, bevor du den Kampf beginnst. »Gib frid nur maw vnd schüss noch nit.« (Murner, Vom gr. luth. Narren, in Kloster, X, 149.)
*49. Sie schiessen draussen mit Buttersemmeln.
*50. Sie schiessen wie bei der Auferstehung. (Poln.)
Bei den Jägern gebräuchlich. Man bedient sich der Redensart, wenn mehrere Schüsse auf ein Wild nacheinander von verschiedenen Seiten fallen. Es spielt auf die Auferstehungsfeier an, welche am Ostersonnabend mit feierlichen Umzügen begangen wird, wobei bei den vier Evangelien Salven aus Geschütz und Gewehrfeuer gegeben werden. Wo kein Militär liegt, schiessen die Bürger und Bauern, und meist gar sehr durcheinander. Daher die obige Redensart.
Poln.: Strzelaja jak na resurekcyę. (Wurzbach I, 130, 42.)
*51. So scharf (schlimm) schiessen die ⇨ Preussen(s.d.) nicht.Frischbier2, 3253.
[Zusätze und Ergänzungen]
52. Wohl geschossen, weit gefehlet.Herberger, II, 379.
*53. Er ist geschossen mit Fraw Veneris Pfeil und Hasenschrot.Monatsblätter, VI, 184.
Von einem Verliebten.
*54. Schiesst ihr her, so schiessen wir hin.

Deutsches Sprichwörter-Lexikon . 2015.

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